Richtiges Verhalten in der Flüchtlingskrise
Erstellt von r.ehlers am Montag 8. Februar 2016
Die schwere Krise durch die Zuwanderung von Flüchtlingen wirft Fragen danach auf, wie wir uns im Interesse der richtigen Gestaltung des Lebens verhalten sollen.
Lange vor dem staatlichen Gesetzgeber haben sich die Religionen Regeln einfallen lassen, nach denen sich die Menschen richten sollten. Ob sie Auskunft geben können? Die bekanntesten darunter sind die 10 Gebote (1. Mose 20 ff):
Nr | Katholischer Katechismus | Evangelischer Katechismus |
---|---|---|
1. | Du sollst an einen Gott glauben. | Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. |
2. | Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren. | Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen. |
3. | Du sollst den Tag des Herrn heiligen. | Du sollst den Feiertag heiligen. |
4. | Du sollst Vater und Mutter ehren, damit du lange lebest und es dir wohlergehe auf Erden. | Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren. |
5. | Du sollst nicht töten. | Du sollst nicht töten. |
6. | Du sollst nicht Unkeuschheit treiben. | Du sollst nicht ehebrechen. |
7. | Du sollst nicht stehlen. | Du sollst nicht stehlen. |
8. | Du sollst kein falsches Zeugnis geben. | Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. |
9. | Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau. | Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. |
10. | Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut. | Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh noch alles, was dein Nächster hat. |
–Mose und die 10 Gebote- (Wikipedia)
Mir erscheint diese von den Kirchen getroffene Auswahl dieser 10 unter den etwa 600 in der mosaischen Gesetzgebung zu findenden Verhaltensgeboten wenig überzeugend, zunächst einmal, was die Gebote 1 und 2 einerseits und die Gebote 9 und 10 andererseits angeht.
In den ersten beiden Geboten verewigt sich der eifrig zürnende Gott Jahwe, dessen Namen man am besten gar nicht ausspricht und sich erst recht kein Bild von ihm macht. Wie man vom Text 1.Mose 20.2 – 4 allerdings zum Kürzel kommt „Du sollst an einen Gott glauben“, ist mir unerfindlich.
Die beiden letzten Gebote ( 2.Mose 20.17) meinen eine einzige Sünde, nämlich das Begehren von dem, was unser Nachbar hat. Das ist in der Tat eine kluge Lebensregel. Mich wundert aber, dass sie in den 10 Geboten steht, in die nicht einmal aufgenommen ist, dass wir die körperliche Unversehrtheit unserer Mitmenschen unbedingt beachten sollen! Aber auch im Übrigen überzeugt die Auswahl der 10 Gebote durch die Kirchen nicht, weil die Zusammenfassung nichts dazu sagt, dass das mosaische Gesetz wichtige Ausnahmen von den Geboten kennt wie insbesondere die Regelung, wann z.B. ein Mensch doch getötet werden darf oder es sogar soll (z.B. auch, wenn er seine Eltern schlägt oder schlecht über sie redet!).
In seiner Summe drang das Mosaische Gesetz viel tiefer in das Leben der Menschen ein als die 10 Gebote es tun. Es regelte die religiösen Riten, das Essen und Trinken, die Bekleidung, das Verhalten und die Folgen körperlicher Auseienandersetzung, den Umgang mit Dieben, mit Frau und Kindern und vieles mehr. Die von den Kirchen so dramatish herausgestellten 10 Gebote sind dagegen außer als Leitschnüre praktisch unanwendbar.
Das Mosaische Geetz als solches kannte nicht eine so akribische Einzelfallgerechtigkeit, nach der unsere modernen Rechtsordnungen mit ihren Hunderttaussenden von Verhaltensregeln trachten. Als Anleitung für ein auskömmliches Leben in der Gesellschaft erfüllte es aber seinen Ordnungszweck. Im Islam tut dies ja auch die Scharia , die auf dieselben Quellen zurückgreift. Diese Rechtsordnungen taugen für unsere heutige Zeit nicht mehr, weil sie unseren Vorstellungen von Gerechtigleit nicht genügen. Denken Sie nur an 2. Mose 20.22 – 26, wo es heißt, dass im Schadesnfall der Täter “ Seele um Seele, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brand um Brand, Wunde um Wunde, Beuel um Beule“ lassen soll!
Für uns heute ist vielleicht überraschend, dass diese gut 600 Regeln völlig ausreichten, um dem Volk der Israeliten eine offenbar akzeptable Anleitung für ihr Leben zu geben. Denn Gottes Gesetz legte Nachdruck auf das Verhüten von Übertretungen, nicht in erster Linie auf deren Bestrafung. Denken Sie nur einmal, dass es damals fast keine Gefängnisse gab und keine teure Rechtsberatung. Oberste Aufgaben der Gerichte war die Wiedergutmachung der Schäden durch die Übeltäter. In diesem System waren die immensen vom Steuerzahler aufzubringenden Kosten der Unterbringung der Verurteilten keinThema.
Bei aller Kritik an der juristischen Simplizität und Krassheit der mosaischen Regeln sollten wir allerdings besser darüber nachdenken, dass wir in unseren heutigen Gesellschaften auf auch recht atavistische Weise sehr viel mehr dafür tun, an den Gesetzesübertretern Rache zu üben, statt sie als bedauernswerte entgleiste fehlbare Menschen zu behandeln. Als Anwalt habe ich viele Menschen verteidigt, die teilweise ascheuliche Dinge getan haben. Menschen sind sie aber sämtlich gebieiben, an denen die Ausübung von Rache nur Schaden anrichtet. Mir ist bewusst, dass die große Mehrheit in unserer Gesellschaft wenig Neigung hat, in Straftätern „richtige“ Manschen zu sehen, deren Recht auf Menschenwürde (Art. I GG)..nicht mit ihren Taten und ihrer Verurteilung untergegangen ist.
Natürlich hat die Strafe auch die Funktion einer Abschreckung, dafür müssen aber die Straftäter nicht aus dem Arbeitsleben und aus ihren Familien entfernt und vom Staat unterhalten werden. Wieder eine andere Frage ist es, dass Täter,von denen ein Gefahr ausgeht, aus der Allgemeinheit herausgehalten werden müssen.
Sie werden jetzt sicher einwenden, dass in den Augen der Kirchen Jesus das mosaische Gesetz aufgehoben hat, soweit es seinem Gebot der Nächstenliebe wiederspricht. Dies ist aber kein in der Realität anwendbares Gesetz oder eine praktische Maxime für unser Verhalten. Ein wenig konkreter wurde Jesus nur auf dem Ölberg, als er Petrus riet, dass er nach einem Schlag auf die rechte Backe noch die linke Backe hinhalten solle statt sich mit Kräften dagegen zu wehren. Ich denke aber nicht,
dass man eine so weit verstandene Näschtenliebe zur Maxime des Verhaltens aller Menschen machen sollte. Damit wird man ihnen als natürlichen Lebwesen mit fest eingebauten Abwehrmeachnismen nicht gerecht.
In diesen Jahren immer neuer Kriege, der Verarmung von Drittländern und der Verlagerung allen Recichtums und aller Macht auf Wenige drängen viele Millionen Flüchtlinge und Zuwanderer aus Afrika und dem Orient zu uns. Es gibt ein weites Spannungfeld mit vielen Momenten zu beachten: neben der Empathie mit den Betroffenen aus dem Ausland, dem Verständnis für die Überforderten im Inland insbesondere die Einsicht, dass die Gründe für die schlimme Situation in die betroffenen Länder von außen (also auch von „uns“) importiert worden sind.
Montag 29. Februar 2016 um 13:02
[…] Richtiges Verhalten in der Flüchtlingskrise […]